Von alten und neuen Helden - das studentische Kabarett inflagranti

In Tübingen sind sie die einzigen ihrer Art. Seit mittlerweile sieben Jahren schreiben die inflagranti-Leute studentische Kabarettgeschichte. Anfangs waren es zwölf Studierende, die sich auf einen Aufruf von Matthias Kotowski zusammenfanden. Seit drei Jahren besteht das Ensemble aus sieben Mitgliedern. Seltsamerweise ist es ihnen gelungen, eine akademische Vielfalt in den eigenen Reihen zu entwickeln. Hier sind nicht nur Studierende aus der Medizin, Rhetorik, Theologie oder Politologie vereint, sondern auch aus den 'harten' Fächern Betriebswirtschaft und Jura.

Ihren Namen haben sich die Kulturschaffenden sorgfältig gewählt. Der Sage nach wurde ein Mann in dem italienischen Örtchen Flagranti beim Ehebruch erwischt. Ebenso wollen die Kabarettist(inn)en ihre heutigen Mitmenschen inflagranti entlarven und den Zeitgeist karikieren. So haben sie ihren Programmen immer sehr bildhafte Namen gegeben. 1994 nahmen sie in 'Der mit dem Volk tanzt' die deutsche Wiedervereinigung auf's Korn. Das Jahr darauf entstand 'Im Dutzend dreckiger', eine Satire über den europäischen Einigungsprozeß.

Das aktuelle Programm 'Nichts Held mehr' ist eine bissige Auseinandersetzung mit den Heroen unserer modernen Gesellschaft. Dabei betreten so unterschiedliche Gestalten wie drei deutsche Fu▀ballnationalspieler, der Delphin Flipper oder die beiden in die Jahre gekommenen Figuren Batman und Mr. Spock die Bühne. Wie es inflagranti schließlich gelingt, ihr Publikum bei einem nachgeahmten Auftritt der Popgruppe 'Caught in the Act' wie hysterische Mädchen zum Kreischen zu bringen, während die beiden Frauen des Ensembles Dessous auf die Bühne werfen, ist wirklich ein Erlebnis!

Die Kabarettist(inn)en verstehen sich durchaus als Kritiker ihrer eigenen Gesellschaft. Damit sind sie nicht nur in Tübingen erfolgreich, sondern touren mit 20 bis 25 Auftritten im Jahr durch ganz Baden-Württemberg. Die größte Bestätigung mag ihnen die Verleihung des Förderpreises auf den Landeskabarettagen 1993 gegeben haben.

Während die Gruppe früher einmal die Woche zusammen gekommen ist, reduzieren sich die Proben inzwischen auf einmal im Monat. Dazu trifft man sich für ein Wochenende in einem angemieteten Ferienhäuschen, erarbeitet gemeinsam Themen, Sketche, Musik und Bühnenhintergrund. Einen Leiter gibt es nicht, doch wird jede(r) nach seinen und ihren Fähigkeiten eingesetzt. So schreiben selbstverständlich die Schwaben die schwäbischen Stücke, die musisch bewanderten komponieren die Musik. Andere Mitglieder des Ensembles wiederum arbeiten daran, etwa durch Gesangsunterricht, ihre Fertigkeiten zu verbessern.

Nach wie vor gibt es bei einigen von ihnen die Überlegung, ins Profilager zu wechseln. Doch die Mehrheit der Satiriker(innen) sieht ihre künstlerische BetΣtigung eher als Ausgleich zum Berufsalltag.

FAM

Wer unter anderem das schon zu Ruhm gekommene Tübingenlied, das bei keinem Auftritt fehlt, mitsingen will, kann das Ensemble am 12., 13., und 14. Dezember 1996 im Club Voltaire mit ihrem aktuellen Programm 'Nichts Held mehr' sehen und hören.

Presse MAIL (michael.seifert@uni-tuebingen.de)

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